Eine phasische Rückenmarkstimulation (je nach intendierter Gangphase) + intensives Laufbandtraining kann Patienten mit inkomplettem hochgradigem Querschnitt helfen: Kleinere Fallserien zeigen, dass durch eine solche Therapie auch Patienten,, die schon seit längerer Zeit im Rollstuhl saßen, wieder im Rollator gehen konnten. (Wagner et al. Nature 2018; Angeli et al. NEJM 2018; Gill et al. Nature Medicine 2018)
Therapie
Der Trend geht zu einer aggressiven Therapie im schubförmigen Stadium. Im Schub wird mit Antikörpern (CD 20, CD 52, Integrin) therapiert. Diese haben allerdings ein breites Nebenwirkungsspektrum (v. a. gefürchtet: JC-Virus). Leider zeigt sich das Ausmaß der Nebenwirkungen neuer Substanzen oft erst nach Markteinführung.
Ansätze zur Reparatur (Remyelinisierung) sind bislang leider wenig erfolgreich.
Es kommen immer mehr neue Medikamente auf den Markt. Neu zur Behandlung der (hoch)aktiven Verlaufsform sind:
Add-on-Therapien
Vitamin D:
Patienten mit hohem Vitamin D-Spiegel (>40 ng/ml) haben ein um 62% niedrigeres MS-Risiko. Kann Vitamin D auch das Fortschreiten einer multiplen Sklerose günstig beeinflussen? In einer randomisierten doppelblinden Studie (SOLAR-Studie) wurde Patienten mit schubförmiger MS hochdosiertes Vitamin D (14.000 IE/Tag vs. Placebo) verabreicht. Das Vitamin bewirkte zwar keine Schubreduktion, doch im Kernspin zeigten sich um 32% weniger neue Herde. Ich empfehle Patienten mit einem Vitamin D-Spiegel unter 40 ng/ml eine Vitamin D-Gabe von 20.000 IE/Woche.
Propionsäure bewirkt im Tiermodell eine Verlangsamung der MS (MS-Patienten: 2 x 500 mg/Tag; keine Nebenwirkungen); bislang gibt es hierzu jedoch keine Studien mit klinischem Endpunkt.
Bisher beträgt die Überlebenszeit beim Glioblastom 17 Monate. Es gibt jedoch zwei eventuell vielversprechende neue Therapieansätze:
Therapeutisch hat sich auf diesem Gebiet im letzten Jahr nicht viel Neues getan; dafür ist man jedoch im Verständnis der Erkrankung weitergekommen. Man sieht die Parkinson-Krankheit zunehmend als Systemerkrankung (Alpha-Synukleinopathie) mit Entstehung im Darm, die sich wahrscheinlich über den Nervus vagus ins Gehirn ausbreitet. (Patienten nach Vagotomie haben ein um 40%, Patienten nach Appendektomie ein um 20% geringeres Parkinson-Risiko.) Allerdings gibt es auf der Basis dieser Erkenntnis bislang keine Therapieoption: Durch einen Affitope-Impfstoff (Phase 1) lässt sich eine Immunantwort gegen Alpha-Synuklein erreichen; klinischer Effekt und Zeitpunkt der Impfung sind jedoch noch unklar. Bulgarischer Joghurt (mit Lactobacillus bulgaricus) schützt mitochondriale Neuronen im Gehirn vor einer DJ1-Mutation, die bei Parkinson gehäuft auftritt. Es gibt jedoch noch keine Studien am Menschen; Effekt und Dosis sind unklar.
Im letzten Jahr sind zwei neue Parkinson-Medikamente auf den Markt gekommen, die auf eine gleichmäßigere Rezeptorstimulation abzielen und unter denen daher weniger Wirkfluktuationen auftreten:
Für „fitte“ Patienten (keine Demenz, unter 70 Jahre) mit schweren Fluktuationen/Dyskinesien und schwerem Tremor kommt eine tiefe Hirnstimulation in Frage, durch die sich das Beschwerdebild um ungefähr 50 Prozent bessern lässt, für „unfitte“ Patienten eine DOPA-Pumpe (Jejunalsonde) oder Apomorphin-Pumpe (subkutan).
Die neue Substanz Erenumab (Aimovig©) richtet sich gegen den CGRP-Rezeptor und reduziert die Migränetage um über 50 %. Jeder 7. Patient wird darunter komplett migränefrei.
Als Therapiekonzept nach wie vor bewährt sind:
Zu Fortasyn connect, einem in dem Nährstoffdrink „Souvenaid“ von Danone enthaltenen Nährstoffgemisch – u. a. mit Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und Cholin – wurde eine randomisierte Studie an 311 Patienten mit beginnenden Morbus Alzheimer durchgeführt (Soininen et al. Lancet Neurology 2017), die eine hochsignifikant geringere Abnahme des Hippocampus-Volumens im MRT und eine Verbesserung der klinischen Demenz-Rating Skala ergab. Möglicherweise lässt sich mit einer gesunden, ausgewogenen Ernährung jedoch der gleiche Effekt erreichen.
Der größte Hoffnungsträger in der Alzheimer-Therapie ist zurzeit Aducanumab (klinische Entwicklung Phase 3, Studien ENGAGE und EMERGE), ein humanisierter Antikörper gegen aggregiertes β-Amyloid (Fibrillen), der die Amyloidablagerung deutlich reduziert und die Kognition stabilisiert (Vandenberghe et al. Alzheim Dement 2017, Wang et al. Alzheim Dement 2017); die Therapie mit diesem Antikörper muss aber wahrscheinlich schon im Frühstadium eingeleitet werden.
Die Penumbra kann bis zu 24 h überleben, d. h. das Thrombektomie-Zeitfenster kann bis auf 24 h erweitert werden. Man sollte jedem Schlaganfallpatienten diese Chance geben und ihn in den ersten 24 Stunden einer Perfusionsbildgebung zuführen. In der DAWN-Studie erholten sich 49% schwer betroffener Patienten mit großem Gefäßverschluss innerhalb dieses Zeitfensters gut durch eine Thrombektomie (Nogueira et al. NEJM 2018).
Dies trifft auf jeden fünften Hirninfarkt zu. Oft liegt solchen Hirninfarkten ein nicht detektiertes intermittierendes Vorhofflimmern (iVHF) zugrunde.
Mögliches Vorgehen derzeit:
Bei Patienten mit Risikofaktoren für iVHF (z. B. größere Vorhoffläche, atriale Arrhythmien, Alter > 75 Jahre) ist ein Monitoring per Event-Recorder oder externes intensiviertes Monitoring sinnvoll. Probatorisch (vor Nachweis eines VHF) können die Patienten bei starkem Verdacht und geringem/moderatem Blutungsrisiko mit NOAKs behandelt werden. Alle anderen sollten ASS erhalten. Allerdings gibt es hierzu bislang keine Leitlinien.