Walters aktuelle Fälle 2019

Portrait-Foto Walter

Prof. Dr. Eike Walter

  • Chefarzt Innere Medizin
  • Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen
  • Sonnhaldenstr. 2
  • 78166 Donaueschingen

Wie immer präsentierte Prof. Walter spannende Fälle aus seiner Praxis in Form eines „Ratespiels“:

1. Fall eines 64-jährigen geübten Schwimmers, der als Badegast eines Solebades „unter Wasser gekommen“ war

Nach Abschluss der nötigen Notfallmaßnahmen (Beinahe-Ertrinken mit Lungenödem und respiratorischer Insuffizienz nach Salzwasseraspiration ⇒ NIV-Therapie für 12 Stunden) und Verlegung des Patienten auf die Allgemeinstation ging es darum, die zunächst unklare Genese der Synkope abzuklären. Häufigste Ursachen eines Beinahe-Ertrinkens sind Alkohol, Epilepsie, Suizidversuch, Hypoglykämie und Herzrhythmusstörungen.
Zur Abklärung wurde ein Langzeit-EKG durchgeführt (das unauffällig war) und eine ausführliche Anamnese erhoben. Alkoholabusus, Epilepsie, Hypoglykämie und Arrhythmie konnten ausgeschlossen werden.
Vorgeschichte: Bei dem Patienten war nach einer Hepatitis C-Infektion (2013) zunächst eine Therapie mit Interferon und dann eine Therapie mit Sofosbuvir + Ribavirin durchgeführt worden, wodurch eine anhaltende Virus-Elimination erreicht worden war. Ferner litt er unter einem Typ-2-Diabetes, der mit Empagliflozin, Metformin, Sitagliptin, Liraglutid und Lantus behandelt wurde.
Der Patient war im Juli 2018 berentet worden. Sein neurologischer Status war unauffällig; allerdings wirkte er auffallend deprimiert, müde und verlangsamt. Auch in den Wochen vor dem Badeunfall hatte er bereits unter starker Müdigkeit mit gesteigertem Schlafbedürfnis, Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen und Gewichtsabnahme gelitten; ferner lag eine neu aufgetretene Obstipation (zwei Stühle pro Woche) vor.
Botschaft Nr. 1: Oft liegt in solchen Fällen eine anhaltende depressive Anpassungsstörung vor, die von Ärzten häufig übersehen wird. 20% aller Menschen erleiden irgendwann in ihrem Leben eine depressive Episode; bei älteren Menschen steigt das Risiko. Im Falle dieses Patienten hätte es sich um eine mittelgradige depressive Episode im Rahmen des neuen belastenden Lebensabschnitts (Berentung) mit Einsamkeit und gemindertem Selbstwertgefühl handeln können. Zur Abklärung wurde daher auch ein Psychotherapeut zu Rate gezogen.
Botschaft Nr. 2: In diesem Fall lag jedoch keine Depression vor. Eine Laboruntersuchung, die stark erhöhte Ammoniakwerte ergab, führte zur Diagnose einer hepatischen Enzephalopathie bei Leberzirrhose mit Obstipation als präzipitierendem Faktor – auch an diese Ursache muss man bei der Abklärung einer unklaren Synkope denken. Auch nach erfolgreicher Hepatitis C-Therapie müssen die Patienten weiterhin überwacht werden!
Als Therapie erhielt der Patient Laktulose und Rifaximin, woraufhin sein Zustand sich deutlich besserte: Er litt weniger unter Müdigkeit und hatte wieder regelmäßigen täglichen Stuhlgang.

2 Fälle von pädiatrischen Patienten, die Magneten verschluckt hatten (Fall 1: mehrere Magneten; Fall 2: eine Knopfbatterie)

Hierbei handelt es sich um absolute Notfälle: Die Magneten müssen sofort auf endoskopischem oder chirurgischem Weg entfernt werden. Vor allem beim Verschlucken mehrerer Magneten (die sich aneinanderhängen können) ist eine umgehende Endoskopie erforderlich; eine Durchleuchtung ist in diesem Fall nicht zielführend.
Im 2. Patientenfall war die verschluckte Knopfbatterie im Ösophagus hängen geblieben und hatte dort zu tiefen Ulzerationen geführt. Aufgrund von Schmerzen beim Schlucken und Thoraxschmerzen nach dem Verzehr eines „Bountys“ hatte sich das 13-jährige Mädchen selbst in die Klinik eingewiesen.
Fazit: Magnetspielzeug ist für „kleine Baumeister“ nicht geeignet. Das Verschlucken von Knopfzellen kann zu schweren Gesundheitsschäden bei Kleinkindern führen. Das BfR und die BfR-Kommission zur Bewertung von Vergiftungen raten Eltern, Batterien unzugänglich aufzubewahren.

Hier können Sie den Vortrag anhören: